Schuldunfähigkeit bei Alkohol am Steuer: Wann liegt Unzurechnungsfähigkeit vor?

Von einer sogenannten Schuldunfähigkeit (umgangssprachlich auch: Unzurechnungsfähigkeit) ist die Rede, wenn eine Person aus rechtlicher Sicht keine Schuld an einer gewissen Handlung trifft. Wer sich z. B. bis ins Delirium trinkt, kann ab einem gewissen Punkt keine Verantwortung mehr für sein Handeln übernehmen. Doch kommen Autofahrer, die sich in diesem Zustand noch hinters Steuer setzen, automatisch ohne Strafe davon, weil Sie als unzurechnungsfähig gelten?

FAQ: Schuldunfähigkeit

Können Verkehrsteilnehmer schuldunfähig sein, wenn sie betrunken fahren?

Ja, das ist möglich. Unter bestimmten Umständen, kann eine Person keine Schuld an bestimmten Handlungen zugewiesen werden.

Ist die Schuldunfähigkeit rechtlich definiert?

Ja, in § 20 Strafgesetzbuch (StGB) ist bestimmt, dass wann eine Schuldunfähigkeit vorliegt.

Hat eine vorliegende Schuldunfähigkeit Auswirkungen auf das Strafmaß?

Ja, ist eine Person schuldunfähig, kann die Strafe entweder ganz ausgesetzt oder reduziert werden. Die Entscheidung ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig.

Wann gilt eine Person im Strafrecht als schuldunfähig?

Ab wann ist man unzurechnungsfähig? Wie viel Alkohol ist dafür notwendig?
Ab wann ist man unzurechnungsfähig? Wie viel Alkohol ist dafür notwendig?

Der Begriff der Schuldunfähigkeit stammt aus dem Strafrecht und wird im Strafgesetzbuch (StGB) in mehreren Paragraphen thematisiert. Kinder unter 14 Jahren gelten beispielsweise grundsätzlich als schuldunfähig. Begehen sie eine Straftat, können sie dafür in der Regel nicht belangt werden. In § 20 StGB befindet sich eine allgemeine Definition der Schuldunfähigkeit:

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat […] unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.“

Ist eine Person demzufolge nicht in der Lage, während einer Tat zu verstehen, dass ihr Verhalten falsch ist, geschweige denn, sich entsprechend dieses Wissens zu verhalten, liegt laut Paragraph 20 StGB Unzurechnungsfähigkeit vor.

In einem solchen Fall kann die betroffene Person nicht für die begangene Tat bestraft werden. Es existiert ebenfalls die Möglichkeit, dass eine Person nur bedingt zurechnungsfähig war, als sie die Tat beging. Dann greift Paragraph 21 StGB:

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, […] bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe […] gemildert werden.“

Schuldunfähigkeit bedeutet nicht gleich Straffreiheit.
Schuldunfähigkeit bedeutet nicht gleich Straffreiheit.

Demzufolge kann die Strafe für den begangenen Verstoß entweder gänzlich entfallen, wenn eine Person dabei als nicht zurechnungsfähig galt, oder zumindest milder ausfallen, wenn eine verminderte Schuldfähigkeit vorlag. Aber bedeutet dies, dass gar keine Strafe droht, wenn es sich um Schuldunfähigkeit gemäß StGB handelt?

Nur weil die betroffene Person aufgrund ihrer Unzurechnungsfähigkeit nicht für die eigentliche Tat bestraft wird, bedeutet dies nicht, dass sie straffrei aus der Sache herausgeht.

Anstatt der eigentlichen Strafe kann dann eine andere drohen. Der Verstoß an sich wird also nicht geahndet, die Tatsache, dass sich die betroffene Person in einen Zustand der Schuldunfähigkeit versetzt hat, allerdings schon.

Gründe für das Vorliegen einer Unzurechnungsfähigkeit gemäß Paragraph 20 StGB

Es existieren zahlreiche Gründe, welche für die Schuldunfähigkeit einer Person sprechen. In Paragraph 20 StGB sind daher lediglich bestimmte Überbegriffe aufgeführt, die sich wie folgt gestalten:

  • „Krankhaft seelische Störung“: In diese Kategorie gehören beispielsweise Erkrankungen des Zentralnervensystems wie Demenz oder Alzheimer, Schizophrenie, Vergiftungen, die Abhängigkeit von Medikamenten, Drogen oder Alkohol, Epilepsie oder Folgeschäden nach einer Hirnverletzung.
  • „Tiefgreifende Bewusstseinsstörung“: Hier geht es z. B. um einen Unfallschock, extreme psychische Erregtheit, hypnotische Zustände oder extreme Erschöpfung.
  • „Schwachsinn oder schwere andere seelische Abartigkeit“: Psychosen, Neurosen, Triebstörungen, Fetischismus, psychische Fehlentwicklungen oder -anlagen, die nicht von organischen Defekten oder Prozessen herrühren (wie z. B. eine Intelligenzschwäche) oder eine schwere Spielsucht sind unter diesem Punkt zusammengefasst.

Wie schwer die Erkrankungen oder seelischen Störungen sind und inwieweit sie eine Schuldunfähigkeit der betroffenen Person rechtfertigen, kann ausschließlich ein psychiatrischer Gutachter entscheiden. Was bedeutet dies also für eine mögliche Unzurechnungsfähigkeit bei Alkohol am Steuer? Wer Drogen oder Alkohol konsumiert, muss zumindest mit einer zeitweiligen Beeinträchtigung der Hirntätigkeit rechnen, was wiederum eine Schuldunfähigkeit begründen kann.

Unzurechnungsfähig: 3,0 Promille gelten normalerweise als Grenzwert.
Unzurechnungsfähig: 3,0 Promille gelten normalerweise als Grenzwert.

Doch ab wie viel Promille ist man unzurechnungsfähig? Normalerweise wird von einer Unzurechnungsfähigkeit wegen Alkohol ab 3,0 Promille gesprochen. Handelt es sich allerdings um eine strafbare Handlung, bei der eine Person ums Leben kam, ist ein Wert von 3,3 Promille ausschlaggebend.

Um eine verminderte Schuldfähigkeit handelt es sich, wenn sich die Blutalkoholkonzentration zwischen 2,0 und 2,9 Promille bewegt.

Doch Vorsicht: Daraus lässt sich nicht ableiten, dass ab einer gewissen Promillegrenze die Unzurechnungsfähigkeit einer Person als erwiesen gilt. Es bedarf dabei stets einer individuellen Einzelfallentscheidung. Sollte es sich bei dem Täter um einen Alkoholiker handeln, muss der Promillewert außerdem höher als 3,0 Promille sein, um von einer Schuldunfähigkeit ausgehen zu können. Schließlich entfaltet sich die Wirkung des Alkohols bei einer vorliegenden Abhängigkeit erst später.

Welche Strafe droht, wenn eine Schuldunfähigkeit vorliegt?

Gilt eine Person beispielsweise aufgrund der konsumierten Menge Alkohol als unzurechnungsfähig, bedeutet dies wie bereits erwähnt nicht automatisch, dass keine Strafe fällig wird. Zwar wird die begangene Tat bei einer erwiesenen Schuldunfähigkeit nicht geahndet, allerdings kann die betroffene Person in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsklinik untergebracht werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Unzurechnungsfähigkeit auf psychische Störungen zurückzuführen ist.

Etwas anderes gilt jedoch, wenn sich der Täter absichtlich so stark betrunken hat, um eine Schuldunfähigkeit herbeizuführen und so die eigentliche Strafe zu umgehen versucht. Ein solches Vorgehen ist nicht möglich. Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig in einen derartigen Rauschzustand versetzt, muss mit einer Strafe gemäß Paragraph 323a StGB rechnen:

Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.“

Welche Strafe droht bei einer fahrlässig herbeigeführten Schuldunfähigkeit?
Welche Strafe droht bei einer fahrlässig herbeigeführten Schuldunfähigkeit?

Werden Sie demzufolge mit Alkohol am Steuer erwischt und gelten aufgrund eines Werts von 3,0 Promille als unzurechnungsfähig, müssen Sie zwar keine Ahndungen für die Trunkenheitsfahrt fürchten, allerdings kommt die in Paragraph 323a StGB genannte Strafe auf Sie zu.

Jedoch: Diese darf nicht höher sein, als die Sanktionen, welche die eigentliche Tat nach sich gezogen hätte. Werden Sie übrigens nicht nur dabei erwischt, wie Sie unter dem Einfluss von Alkohol ein Kfz steuerten, sondern auch noch einen Unfall verschulden, können Ihnen noch weitere Konsequenzen drohen. Ihre Versicherung muss den entstandenen Schaden in einem solchen Fall beispielsweise nicht übernehmen, da es sich um eine Obliegenheitsverletzung Ihrerseits handelt.

Konnte eine Schuldunfähigkeit nachgewiesen werden, muss überprüft werden, ob diese aus Fahrlässigkeit heraus verursacht wurde. War dem so, kann Ihre Versicherung sich weigern zu zahlen. Sie wird die Kosten für die aus dem Unfall resultierenden Schäden zwar zunächst tragen, kann Sie allerdings im Nachhinein in Regress nehmen und sich das Geld so zurückholen.

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Welche Folgen kann Alkohol am Steuer haben?
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Über den Autor

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Cynthia W.

Cynthia ist seit 2016 Online-Redakteurin bei bussgeldkataloge.de. Mit einem umfangreichen Hintergrundwissen zu Rechtsthemen und der Fähigkeit, komplexe rechtliche Konzepte verständlich zu erklären, unterstützt sie unser Redaktionsteam bei der Erstellung von informativen und spannenden Artikeln rund ums Verkehrsrecht.

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